„Deutschland verschließt vor Tierleid im Wohnzimmer und in der Zirkusmanege noch immer die Augen. Daraus ergibt sich eine Lawine an Folgeproblemen. Dabei gibt es mit der Positivliste für Heimtiere eine probate Lösung“, erklärt Patrick Müller, Bereichsleiter für Politik in Deutschland bei Animal Advocacy and Protection (AAP).
Die bisher für die Novellierung des Tierschutzgesetzes geplanten Maßnahmen greifen zu kurz: Tierschutzstandards könnten damit kaum kontrolliert und durchgesetzt werden. Eine Positivliste für Heimtiere und ein Wildtierverbot für Zirkusse hingegen würden das Problem an der Wurzel packen. Die Missstände könnten so endlich effektiv angegangen werden. Unter der Schirmherrinnenschaft von MdB Anke Hennig, Tierschutzpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, und MdB Dr. Zoe Mayer, Berichterstatterin für Tierschutz der Grünen Bundestagsfraktion, diskutierten Expert*innen beim parlamentarischen Abend die Problematik exotischer Haustiere und Wildtiere in Zirkussen – und ihre Lösungen.
Die vorgestellte juristische Stellungnahme räumt Zweifel an der rechtlichen Machbarkeit beider Maßnahmen aus. „Das Rechtsgutachten macht klar: Eine Positivliste für Heimtiere und ein Wildtierverbot im Zirkus sind rechtlich nicht nur möglich, sondern sogar geboten,“ erklärt Evelyn Ofensberger, Bereichsleiterin Recht und Nachlass des Deutschen Tierschutzbundes. „Wenn Deutschland seine Vorsorgepflicht und sein Staatsziel Tierschutz ernst nimmt, ist die Einführung dieser Maßnahmen ein notwendiger Schritt.“
Deutschland internationaler Hotspot im Wildtierhandel
Deutschland habe eine traurige Führungsrolle im weltweiten Handel mit exotischen Heimtieren, betont Katharina Lameter, Projektleitung bei Pro Wildlife. „Es kann nicht sein, dass Deutschland sich aus der Verantwortung stiehlt, wenn es um einen so zentralen Problemherd für Tierwohl, Artenschutz, Umwelt, Gesundheit und Sicherheit in Europa geht.“ Denn die aus Handel und Haltung exotischer Tiere resultierenden Risiken sind vielfältig.
Andere EU-Länder sind Deutschland weit voraus und haben bereits Positivlisten für bestimmte Tiergruppen eingeführt, und die große Mehrheit der EU-Länder hat Beschränkungen für Wildtiere in Zirkussen. Deutschland hinkt hinterher und muss endlich einen wirksamen Tier- und Artenschutz umsetzen. Das vorgestellte Rechtsgutachten zeigt, dass die Einführung einer Positivliste und ein Verbot von Wildtieren in Zirkussen die geeigneten Mittel sind.
Zirkuszelt und Wohnzimmer – kein Zuhause für exotische Tiere
„Andere Länder machen es uns vor: Der Missbrauch von Tieren in der Manege und drumherum muss aufhören." Um dieses Tierleid zu beenden, ist ein Verbot der Wildtierhaltung im Zirkuslängst überfällig“, fordert Peter Höffken, Fachleiter für Kampagnen von PETA Deutschland. „Ein Wildtierverbot ist nicht nur notwendig, sondern wird auch von der Mehrheit der Bürger*innen unterstützt“, so Thomas Pietsch, Wildtierexperte von VIER PFOTEN International. „Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung Tierschutz im Zirkuszelt konsequent angeht.“
Exotische Tiere sind nicht domestiziert – und damit nicht für das Dasein im Wohnzimmer oder in der Manege gemacht. Selbst wohlwollende Halter*innen sind mit ihren Ansprüchen schnell überfordert. Häufig entlaufen die Tiere oder werden ausgesetzt – und damit zu einem Risiko nicht nur für Menschen, sondern auch für die Umwelt. Daher fordert Robert Kless, Regionalvertreter für Deutschland und Europa des IFAW (International Fund for Animal Welfare): „Wir müssen endlich präventiv tätig werden, um effektiven Arten- und Naturschutz zu betreiben. Mit einer Positivliste stellen wir heute die Weichen zum Erhalt der Biodiversität weltweit.“
Die Organisationen machen einstimmig klar: „Tierschutz darf kein Lippenbekenntnis bleiben. Wenn er effektiv umgesetzt werden soll, ist die aktuelle Fassung der Novelle des Tierschutzgesetzes nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Um den Problematiken um Handel und Haltung exotischer Heimtiere nachhaltig zu begegnen, braucht es die Positivliste und das Wildtierverbot in Zirkussen. Die Abgeordneten haben es jetzt in der Hand und müssen diese wichtigen Tierschutz-Vorhaben in das Tierschutzgesetz rein verhandeln.”
Pressestelle Deutscher Tierschutzbund e.V., presse@tierschutzbund.de, Tel.: 0228-60496-24
Gerne vermitteln wir Ihnen Interviewpartner*innen aus den beteiligten Tierschutzorganisationen oder beantworten Ihre Fragen.
Fotos vom Parlamentarischen Abend senden wir Ihnen bei Interesse gerne zu.
Hintergrundinformationen:
- Rechtsgutachten Positivliste für Heimtiere und Wildtierverbot in Zirkussen (2024)[1]
- Online-Umfrage zu exotischen Haustieren (2023)[2]
- Gemeinsame Stellungnahme zum Wildtierschutz im Referentenentwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zur Änderung des Tierschutzgesetzes (2024)[3]
1https://de.aap.eu/Rechtsgutachten-Wildtierhaltungsverbot
Über Animal Advocacy and Protection (AAP):
AAP setzt sich als eine der größten und ältesten Tierschutzorganisationen Europas für bessere Tierschutzgesetze ein. Denn auch hierzulande leiden tausende Wildtiere im Handel, als exotische Heimtiere oder in der Unterhaltungsindustrie. Diese Tiere in Not nimmt AAP in ihren Auffangstationen in Obhut. Seit 2001 hat die Organisation allein aus Deutschland mehr als 200 Tiere aufgenommen und mehr als 1.200 Anfragen erhalten.
Über Deutscher Tierschutzbund:
Der Deutsche Tierschutzbund wurde 1881 gegründet und ist der größte Tierschutzdachverband in Deutschland und Europa, mit über 740 angeschlossenen Tierschutzvereinen und rund 550 vereinseigenen Tierheimen und Auffangstationen. Die Organisation setzt sich von Heimtieren über landwirtschaftlich genutzte Tiere bis hin zu Wildtieren für den Schutz jedes einzelnen Tieres ein, sei es in der Privathaltung, Industrie, in der freien Natur, in Zoo, Zirkus oder im Versuchslabor. Durch die Unterstützung der Vereine vor Ort und über eigene Einrichtungen etabliert und stärkt der Tierschutzbund den praktischen Tierschutz. Mit Bildungs- und Aufklärungsarbeit sowie einer fundierten wissenschaftlichen Basis als Grundstein fördert der Verband den gesellschaftlichen Wandel hin zu mehr Tierschutz und begleitet durch seine politische Arbeit Gesetzgebungsverfahren in Deutschland, in Europa und weltweit.
Über IFAW – International Fund for Animal Welfare:
Der International Fund for Animal Welfare (IFAW) ist eine weltweit tätige gemeinnützige Organisation für die bessere Koexistenz von Tieren und Menschen. Wir sind in mehr als 40 Ländern der Welt und auf den Meeren im Einsatz. Wir retten und pflegen Tiere, wildern sie wieder aus und bewahren und schützen ihre natürlichen Lebensräume. Die Probleme, denen wir uns stellen, sind drängend und komplex. Um sie zu lösen, brauchen wir mutiges Handeln und kluges Denken. Wir arbeiten mit Gemeinden, Regierungen, anderen NGOs und Unternehmen zusammen. Gemeinsam finden wir neue und innovative Wege, damit sich alle Arten in ihrem Lebensraum entwickeln können. ifaw.org
Über PETA Deutschland:
PETA Deutschland wurde Ende 1993 gegründet und ist landesweit die größte Tierschutzorganisation, die sich für die Rechte der Tiere einsetzt. PETAs Partnerorganisationen werden von mehr als neun Millionen Menschen in aller Welt unterstützt.
Über Pro Wildlife:
Pro Wildlife ist eine gemeinnützige Organisation, die sich weltweit für den Schutz von Wildtieren und ihren Lebensräumen einsetzt. Ziel ist es, die Artenvielfalt zu erhalten und Tiere zu retten. Dabei ist das Überleben der Arten in ihrem Lebensraum, aber auch der Schutz des einzelnen Tieres wichtig. Pro Wildlife setzt sich deshalb für bessere Gesetze und effektive Schutzmaßnahmen für Wildtiere ein, unterstützt in verschiedenen Ländern Hilfsprojekte für Tiere in Not, hilft bei der Erhaltung von Lebensräumen und engagiert sich für die Koexistenz von Mensch und Wildtier.
Über VIER PFOTEN:
VIER PFOTEN ist die globale Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Missstände erkennt, Tiere in Not rettet und sie beschützt. Die 1988 von Heli Dungler und Freunden in Wien gegründete Organisation tritt für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Mitgefühl und Verständnis begegnen. Im Fokus ihrer nachhaltigen Kampagnen und Projekte stehen Streunerhunde und -katzen sowie Tiere in der Landwirtschaft, Heim- und Wildtiere – wie Bären, Großkatzen und Orang-Utans – aus nicht artgemäßer Haltung sowie aus Katastrophen- und Konfliktzonen. Mit Büros in Australien, Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kosovo, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, den USA und Vietnam sowie Schutzzentren für notleidende Tiere in elf Ländern sorgt VIER PFOTEN für rasche Hilfe und langfristige Lösungen.