Nachfrage nach Tintenfisch wächst Tierschützer kritisieren geplanten Aufbau von Aquakulturen

Drei Herzen, acht Arme und ein neuronales Netzwerk, das sich durch den ganzen Körper zieht: Oktopoden sind ebenso faszinierende wie geheimnisvolle Tiere.

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Tintenfisch wird vor allem in Asien und im Mittelmeerraum verzehrt – aber auch bei uns findet man den achtarmigen Oktopus unter seinem spanischen Namen „Pulpo“ auf immer mehr Speisekarten. Die Nachfrage wächst weltweit. Die intelligenten und empfindsamen Tiere will man in Spanien daher ab dem Sommer industriell in Aquakulturen „produzieren“. Ab 2023 plant man dort mit 3000 Tonnen pro Jahr. Tierschützer in ganz Europa, darunter der Deutsche Tierschutzbund, kritisieren dies scharf.

„Von allen Tieren, die für den menschlichen Konsum gehalten werden, sind aquatische Lebewesen am wenigsten geschützt. Rechtliche Rahmenbedingungen für Haltung und Schlachtung von Tintenfischen gibt es nicht“, sagt Katrin Pichl, Fachreferentin für Natur- und Artenschutz beim Deutschen Tierschutzbund. Dies sei umso erschreckender, da die Tiere über ein sehr komplexes und hochentwickeltes Nervensystem verfügen und nachweislich Schmerzen, Angst und Stress empfinden. „Die wenigen verfügbaren Studien zeigen, dass Oktopoden in Gefangenschaft nicht verhaltensgerecht gehalten und versorgt werden können. Angesichts ihrer beachtlichen kognitiven Fähigkeiten und Sensibilität ist die monotone Aquakultur-Haltung eine zusätzliche enorme Qual“, so Pichl.

Industrielle „Produktion“ ist ethisch und ökologisch fragwürdig

Oktopoden sind aufgrund ihrer weichen Haut sehr verletzungsanfällig. Werden die Einzelgänger in Gruppen gehalten, kann das zu einem gesteigerten Aggressionsverhalten und Kannibalismus führen. Als Fleischfresser benötigen die Tiere täglich das Zwei- bis Dreifache ihres Körpergewichts an Nahrung. Ihre Fütterung trägt so auch zur Überfischung der Meere bei. Schon heute wird ein Drittel des weltweit gefangenen Fisches als Tierfutter verwendet – etwa die Hälfte davon in Aquakulturen. 2019 veröffentlichte Jennifer Jaquet, Professorin für Umweltstudien an der New York University, gemeinsam mit Co-Autoren ein Essay gegen die Oktopodenzucht. Wegen der ethischen und ökologischen Folgen der industriellen Fleischproduktion müsse man „hinterfragen, ob wir Fehler, die bereits bei Landtieren begangen wurden, bei Wassertieren wiederholen wollen, insbesondere beim Oktopus“, so die Autoren.

Schmerzen und Leiden auch bei Wildfängen

Bislang werden Oktopoden meist mit Grundschleppnetzen gefangen, welche den Meeresboden zerstören und andere Tiere, die als Beifang in den Netzen landen, mit in den Tod reißen. Auch Käfige oder Angelleinen kommen zum Einsatz. „Alle Fangmethoden sowie Handling und Aufbewahrung führen zu Schmerzen, Verletzungen und Stress“, sagt Pichl. Auch die Tötung verläuft grausam: „Man verstümmelt ihren Kopf, tötet sie langsam in Eiswasser oder lässt sie einfach mehrere Stunden an der Luft ersticken“, so Pichl. Der Deutsche Tierschutzbund empfiehlt daher, weder Tintenfisch aus Wildfang noch aus Aquakulturen zu konsumieren.

Mehr Informationen:

·         Pressemeldung der europäischen Tierschutzdachorganisation „Eurogroup for Animals“ vom 26.2.2022: "Ethically and environmentally" disastrous plans to farm octopus in Spain advance: www.eurogroupforanimals.org/news/ethically-and-environmentally-disastrous-plans-farm-octopus-spain-advance  

·         Artikel „Oktopoden“ im Magazin DU UND DAS TIER des Deutschen Tierschutzbundes (Ausgabe 4/2021): www.duunddastier.de/oktopoden